Alles Natur?

„Natur“ ist ein Thema in den bildenden Künsten mit einer Tradition, die so weit zurückreicht, wie die menschliche Kunstausübung selbst. In einem sehr lesenswerten Aufsatz in der Juni-Ausgabe der „Kunstchronik“ hat Hartmut Böhme, ehemals Professor für Kulturtheorie und Mentalitätsgeschichte an der Berliner Humboldt-Universität, das Verhältnis von Mensch und Natur für die aktuelle Kunst hinterfragt. Ist Naturästhetik heute noch von Relevanz in den Künsten? Wie kam es zu dem Verlust der Selbstverständlichkeit, Natur überhaupt „unschuldig“ darzustellen? Böhme geht es in seinem Aufsatz hauptsächlich um eine historische Einordnung der Beziehung zwischen Mensch, „Natur“ und „Kunst“, und die von ihm angeführten Beispiele (u. a. Julian Charrière oder Thomas Windisch) zeigen, auf wie vielfältige Art und Weise Künstler*innen sich bis heute mit der Thematik auseinandersetzen. Aber in diese Überlegungen spielen auch Gedanken ein, die hier im „Labor“ möglicherweise auf fruchtbaren Boden fallen könnten: der Aspekt der Abwesenheit und die Fantasien über utopische Orte. Sehr deutlich arbeitet Böhme nämlich heraus, dass und warum ab einem gewissen Zeitpunkt Zweifel an der Gewissheit des Überlebens der Menschheit angebracht wurden. So ordnet er auch das Gedankenexperiment von Alan Weisman in „The world without us“ 2006 in diese Tradition ein. Denn Fantasien über einen letzten Menschen auf der Erde gab es bereits um 1800, als die Wissenschaft das Artensterben entdeckte. Aber auch die Erkenntnis der Gewalt, die der Mensch an der Natur verübt, und die Gewahrung der Ausbeutung, die er zum eigenen Überleben betreibt (betreiben muss), hatte Auswirkungen auf das menschliche (und künstlerische) Verhältnis zur Natur: Es musste automatisch zu menschlichen Schuldgefühlen angesichts der unauflösbaren Verschiebung des natürlichen (?) Gleichgewichts durch den Menschen führen. Könnte diese spannende Untersuchung über das Verhältnis Mensch-Natur-Kunst für die Beschäftigung mit Abwesenheit oder mit utopischen Orten (eine Welt ohne Menschen?) inspirierend sein? Ein Blick in den Aufsatz lohnt sich sehr!

Das Verschwinden der Musik

Das Haus der Kulturen der Welt in Berlin veranstaltet von März bis November eine Präsentationsreihe, die im Internet gezeigt wird. Sie heißt „Das Verschwinden der Musik“ und ist hier zu sehen.

Sehr anschaulich wird hier gezeigt, wie die Grenzen zwischen E-  und U-Musik verschwinden. Die Musiker*innen, die präsentiert werden, zeigen in ihren Arbeiten unterschiedliche Positionen und Herangehensweisen an den musikalischen Kontext. Klassische Instrumente treten in den Hintergrund. Desktopmusic und Homerecording im eigenen Wohnzimmer spielen eine wichtige Rolle. Diese Veranstaltung findet im Rahmen von dem Konzept „Das Neue Alphabet“ statt und auch dieses ist einen Blick wert! Inspirationsquellen für neue Fragen zum Geclouden Raum.

#gecloud

Es gibt immer ein Sehen, das sich aus der aktuellen Wahrnehmung speist und unser Erkennen von Welt fördern soll. Schauen wir in die Welt, sehen wir Gleiches, doch nichts ist identisch, Zeit und Raum haben sich im Bruchteil des Erkennens schon geändert. Der Moment existiert nicht mehr, bestenfalls als fixierte Daten, als Bytes und Bits, die eine Software wieder in Farben und Formen dechiffrieren kann. Kann Wasser so grün sein? Ist das Haus dort drüben am anderen Ufer das Haus, in dem ich aufwuchs? Schaut man mein Beispielfoto an, könnte man fragen, warum wurde es gemacht, warum hier gewählt, was soll es bedeuten in diesem Kontext? Man könnte in diesem Text über die Beliebigkeit der Fotos im Datenhimmel, in der Cloud nachdenken. Oder wir könnten über das Jenseits technologiebedingter Medien sprechen. Wir lassen es!